ISO 20022 für ZV-Reklamationen: Was jetzt auf Banken zukommt

Von Steffen Grenzheuser

Die Umstellung auf ISO 20022 betrifft auch Institute mit AZV-Services – neue Fristen, neue Formate, neuer Aufwand.

Bereits im Juni 2024 hatten wir im Beitrag „ISO 20022: Wird das Ende der MT-MX-Koexistenzphase aufgeweicht?“ auf eine zunächst unscheinbare, aber weitreichende Anpassung im SWIFT-Zeitplan hingewiesen: Für Nachrichten im Bereich „Exceptions & Investigations“ (E&I) wurde das Ende der MT/MX-Koexistenz nun auf November 2027 verschoben. Bereits damals zeichnete sich ab, dass dieser Schritt Teil einer umfassenderen Umstellung sein würde – mit Folgen für alle Institute, die Reklamationen im Zahlungsverkehr bearbeiten. Nun liegt die überarbeitete SWIFT-Roadmap vor und bestätigt genau das.

MT wird durch strukturiertes Case Management ersetzt

Im Zentrum der Änderungen steht das Ziel, die heutigen Freiform-MT-Nachrichten durch strukturierte ISO-20022-Formate abzulösen. Statt bilateraler Kommunikation tritt ein zentrales Case Management, das die Interaktion über Messaging, API und GUI vollständig unterstützt. Die betroffenen Nachrichtentypen sind im Zahlungsverkehr allgegenwärtig:

  • MT192 (z. B. Rückruf) → camt.056
  • MT196 (Antwort) → camt.029
  • MT195 (Anfrage, z. B. aus Compliance) → camt.110
  • Antwort auf MT195 (heute MT196) → camt.111

Das bedeutet: Auch wenn das eigene Haus keine GPI-Prozesse nutzt, wird die Bearbeitung von Rückrufen, Ablehnungen oder Rückfragen im AZV mittelfristig auf ein neues Fundament gestellt – technisch und organisatorisch.

Der neue Zeitplan – zwei Meilensteine mit Pflichtcharakter

Die Umstellung erfolgt in mehreren Phasen. Nach jüngster Konsultation mit der Community hat SWIFT den Fahrplan angepasst. Besonders hervorzuheben sind zwei Punkte, die ab 2026 verpflichtend werden:

Ab November 2026:

  • Neu: Alle Zahlungscancellations (camt.056/camt.029) müssen verpflichtend über Stop & Recall bzw. Case Management abgewickelt werden. Beide Syntaxvarianten (FIN oder ISO) sind dabei zugelassen.
  • Neu: Für alle Institute wird der Empfang von camt.110-Nachrichten mit eingebettetem MT199 zur Pflicht – unabhängig von bisherigen Prozessmodellen.

Ab November 2027:

  • Die Unterstützung für Inflow Translation endet vollständig.
  • Es dürfen ausschließlich ISO 20022-Nachrichten über das Case Management gesendet und empfangen werden.
  • Die Legacy-MT-Nachrichten MT192, MT195 und MT196 werden vollständig abgeschaltet.

 

Was Institute jetzt wissen und vorbereiten müssen

Diese Transformation betrifft nicht nur Institute mit GPI-Anbindung, sondern alle Banken, die Reklamationen im Zahlungsverkehr bearbeiten. In der Praxis bedeutet das: bestehende Workflows, Schnittstellen und Systeme müssen überprüft und gegebenenfalls neu konzipiert werden. Besonders kritisch sind dabei Übergangsprozesse, da z. B. Inflow-Translationsmit eingebetteten MT-Nachrichten nur noch zeitlich begrenzt unterstützt werden.

Auch die Tatsache, dass Antwortnachrichten künftig ausschließlich als strukturierte camt.111 gesendet werden dürfen, hat Auswirkungen auf automatisierte Verarbeitung, Routing und Monitoring.

Frühzeitige Planung zahlt sich aus

Was heute noch parallel läuft, wird in wenigen Jahren verbindlich. Die jetzt angekündigten Pflichttermine unterstreichen: Die Umstellung ist nicht länger ein ISO-Thema am Rand – sie trifft operative Prozesse im Zentrum des Zahlungsverkehrs. Wer frühzeitig plant, kann nicht nur Komplexität reduzieren, sondern auch Synergien mit anderen ISO-20022-Vorhaben nutzen.

Jetzt handeln, statt später aufholen

Die Umstellung im Bereich E&I mag im Schatten der Zahlungsnachrichten stehen – doch sie bringt vergleichbare Herausforderungen mit sich. Gerade weil die Prozesse heute oft abteilungsübergreifend und historisch gewachsen sind, sollten Institute frühzeitig mit der Analyse beginnen.

DPS begleitet Banken seit Jahren bei der Migration auf ISO 20022 – auch über den klassischen Zahlungsverkehr hinaus. Ob Strategie, Implementierung oder Testmanagement: Wir stehen Ihnen beim Übergang auf das neue E&I-Zielbild gern zur Seite.

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