Von Udo Browarczik
Am 22. November 2025 endet – so zumindest der offizielle Fahrplan – die Koexistenzphase von MT- und ISO 20022-Nachrichten im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr bei SWIFT. Ab diesem Zeitpunkt sollen alle Zahlungstransaktionen im Rahmen von CBPR+ (Cross-Border Payments and Reporting Plus) ausschließlich im neuen ISO 20022-Format übermittelt werden. Besonders betroffen: die bislang dominierenden Nachrichtentypen MT103 und MT202, deren Einsatz dann grundsätzlich nicht mehr vorgesehen ist.
Zum 14. August 2025 sind es exakt 100 Tage bis zu diesem Stichtag. Ein guter Moment, um eine realistische Standortbestimmung vorzunehmen – denn der Weg zum „echten“ Formatwechsel ist steiniger als es der Termin vermuten lässt.
Strikter Fahrplan – mit vielen Ausnahmen
SWIFT kommuniziert klar, dass nach dem 22. November 2025 für MT-Zahlungsnachrichten das Ende erreicht ist: Wer dann noch auf das alte Format setzt, riskiert NAKs, Zusatzkosten oder gar Verarbeitungsabbrüche – sofern keine Umwandlung in ISO 20022 erfolgt.
Doch zugleich wurde das offizielle Ende der Koexistenzphase bereits 2024 deutlich aufgeweicht – wie wir in diesem Beitrag ausführlich analysiert haben. Und auch jetzt zeigt sich: Für Institute, die noch nicht ISO-fähig sind, wird es nicht zwingend am 22. November ernst, sondern erst mit dem Jahreswechsel 2025/2026, wenn SWIFT beginnt, Gebühren für den Inflow Translation Service zu erheben.
Übersetzung als Übergang – aber nicht als Strategie
Die sogenannten Translation Services von SWIFT sollen den Formatwechsel technisch abfedern. Sie ermöglichen es, eingehende MT-Nachrichten automatisiert ins ISO-Format zu konvertieren – allerdings zu Bedingungen, die wenig attraktiv sind:
- Die Nutzung ist kostenpflichtig,
- die genauen Preise sind nicht öffentlich,
- und der Service ist nicht für den Dauerbetrieb gedacht.
Insbesondere Institute mit hohem Nachrichtenvolumen und vielen Rest-MT-Abhängigkeiten sollten sich keine Illusionen machen: SWIFT verfolgt mit klarer Preispolitik das Ziel, den vollständigen Umstieg auf nativ ISO 20022 durchzusetzen – und zwar möglichst bald.
Was ab dem 22. November konkret passiert
SWIFT selbst warnt in einem aktuellen Toolkit-Dokument, dass nicht-migrierte MT-Zahlungsnachrichten ab dem 22.11.2025 entweder abgewiesen (NAKed) werden oder nur noch über Notfallprozesse gegen Aufpreis verarbeitet werden. Gleichzeitig betont man die Vorteile des neuen Formats: strukturierte Daten, effizientere Prozesse, bessere Compliance-Fähigkeit und mehr Spielraum für Innovationen.
Unser Fazit
100 Tage vor dem Stichtag ist klar: Der 22. November 2025 ist weniger eine scharfe Kante als vielmehr ein Wendepunkt. Wer den Umstieg auf ISO 20022 bis dahin noch nicht vollständig vollzogen hat, wird nicht sofort ausgeschlossen, aber zunehmend in ein preissensibles, technisch komplexes Rest-Szenario gedrängt. Wer Zahlungsverkehr nachhaltig und compliant aufstellen will, kommt an einer nativ ISO 20022-basierten Verarbeitung nicht vorbei.