Von Goran Popcanovski und Joachim Dorschel
In der Finanzindustrie ist das Thema Nachhaltigkeit und ESG bereits seit einiger Zeit auf der Agenda. In den vergangenen Jahren wurden bereits unterschiedliche regulatorische Maßnahmen, insb. in der Berichtspflicht für große Institute umgesetzt. Seit der Ankündigung des Green Deals und der damit einhergehenden sog. „Sustainable Finance Strategy“ werden die Anforderungen an nachhaltigem Wirtschaften und der Berichtspflicht noch einmal mehr konkretisiert.
Die nachfolgenden Themen sind im laufenden Jahr für deutsche Finanzinstitute insbesondere relevant:
7. MaRisk-Novelle
Mit der anstehenden 7. MaRisk-Novelle werden die regulatorischen Vorgaben bzgl. ESG-/ Nachhaltigkeitsrisiken definiert. Dabei müssen Finanzinstitute sicherstellen, dass sie Nachhaltigkeitsrisiken in ihre Risikobewertung und den entsprechenden Managementprozessen einbeziehen. Im Rahmen des EBA (European Banking Authority)-Stresstests sollen erstmalig auch Klimarisiken mitberücksichtigt werden.
Konkret bedeutet dies:
- Umsetzung der EBA-Guidelines für die Kreditvergabe und deren Überwachung
- Umfassende Berücksichtigung von ESG-Risiken auf allen Ebenen des Risikomanagements eines Instituts
- Umsetzung in allen relevanten Risikomanagement-Prozessen und Systemen
Der konkrete Zeitplan für das Inkrafttreten die Umsetzung der Novelle ist noch offen. Der Umsetzungsaufwand dürfte für viele Institute nicht unerheblich sein, da mit ESG eine gänzlich neue Risiko-Dimension in das Risikomanagement eingeführt wird, was Änderungen an nahezu allen relevanten Prozessen und Systemen erforderlich macht (vgl. unser Blogbeitrag Die 7. MaRisk-Novelle – Herausforderung und Chance für Wirtschaft und Finanzsektor).
Kategorisierung und Bewertung von Umwelt- und Klimarisiken
Für Finanzinstitute stellt ein effizientes und konformes Risikomanagement eine der wichtigsten Funktionen dar. Der Scope für die Risikoüberwachung wird mit den EZB-Vorgaben zum Umgang mit Umwelt- und Klimarisiken erweitert. Dies bedeutet, dass Finanzinstitute in 2023 folgende Anforderungen umzusetzen haben:
- Adäquate Kategorisierung und vollständige Beurteilung der Auswirkungen von Klima- und Umweltrisiken für die Geschäftstätigkeiten (bis 31.03.2023)
- Ausreichend Einbeziehung von Klima- und Umweltrisiken in die Governance, die Strategie und das Risikomanagement (bis 31.12.2023)
- Umsetzung aller in den „Erwartungen der Aufsicht zu Klima- und Umweltrisiken“ niedergelegten Vorgaben (bis 31.12.2024)
Vorbereitung zur Umsetzung der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive)
Finanzinstitute sind ebenso wie kapitalmarktorientierte Unternehmen nach der Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung bereits seit 2017 verpflichtet, ihren Lagebericht um bestimmte Aspekte der Nachhaltigkeit und Diversität zu ergänzen. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erweitert diese Verpflichtungen erheblich. Für die Finanzwirtschaft gelten die neuen Berichtspflichten ab dem Geschäftsjahr 2024.
Für 2023 bedeutet dies:
- Erweiterte Berichtspflicht von Finanzinstituten nach der Corporate Sustainability Reporting Directive ab dem GJ 2024
- Insbesondere: Angaben zur Taxonomie-Konformität nach Art. 8 Taxonomie-Verordnung
- Konkretisierung durch European Sustainability Reporting Standards (ESRS) im Laufe des Jahres 2023 erwartet
- Überprüfung und ggf. Anpassung der Datenerhebung und -evaluation zur Erfüllung der Berichtspflicht
Die Herausforderung dürfte hier insbesondere in der Erhebung und Validierung der für die Berichterstattung benötigten Daten liegen. Die Berichtspflicht umfasst insbesondere auch Angaben zur Nachhaltigkeit der Geschäftstätigkeit des Instituts, was voraussetzt, dass das Institut die wesentlichen ESG-Kennziffern seiner Kunden kennt. Projekte zur strukturierten Erhebung und Verifikation dieser Daten stehen erst am Anfang.
Umsetzung der technischen Regulierungsstandards (RTS) zur Offenlegungsverordnung (SFDR)
Die Offenlegungsverordnung (SFDR) verpflichtet Finanzunternehmen, der Öffentlichkeit bestimmte Informationen zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in Entscheidungsprozessen und im Zusammenhang mit Finanzprodukten bereitzustellen. Die Verordnung tritt stufenweise in Kraft, wobei die Konkretisierung durch technische Regulierungsstandards (RTS) erfolgt.
Im April 2022 wurden entscheidende RTS durch die EU-Kommission veröffentlicht. Am 1.1.2023 sind zahlreiche inhaltliche Anforderungen und Strukturierungsvorgaben zur SFDR in Kraft getreten. Im Jahr 2023 erfolgt damit erstmals eine produktive Anwendung der neuen Regelungen.
Zum 30.06.2023 müssen Finanzunternehmen zudem erklären, inwieweit Investitionsentscheidungen nachteilige Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren haben.
Zum 20.06.2024 ist sodann eine erstmalige Veröffentlichung eines Vergleichs der jährlichen Referenzperioden geschuldet.
Unterstützung von Unternehmenskunden in der Nachhaltigkeits-Transformation
Sowohl die Erweiterung des Risikomanagements um ESG-Aspekte als auch der aus den Berichtspflichten erwachende Bedarf an ESG-Daten dürfte mittelfristig auch den bereits heute beobachteten Trend in vielen Instituten mit starken Unternehmenskundengeschäft verstärken, Kunden mit eigenen Beratungsangeboten auf dem Weg einer Nachhaltigkeits-Transformation zu unterstützen.
Wesentliche Aspekte sind in diesem Zusammenhang:
- Eine mögliche Verschlechterung des Risikoprofils von Kreditkunden ohne klare Nachhaltigkeitsstrategie
- Negative Auswirkungen von Engagements bei nicht nachhaltigen Kunden oder Aktivitäten auf die ESG-Kennzahlen des Instituts (z.B. Green Asset Ratio, Banking Book Taxonomy Alignment Ratio)
- Notwendigkeit der Bereitstellung von ESG-Daten durch Kunden zur Erfüllung der eigenen ESG-Verpflichtungen
Dadurch haben Finanzinstitute ein hohes Eigeninteresse, möglichst viele Unternehmenskunden zu einer nachhaltigen Unternehmenspolitik zu motivieren.
Fazit
Das Thema Nachhaltigkeit ist auch 2023 in allen Facetten und mit Wirkung in vielen Geschäftsfeldern in den Finanzinstituten angekommen und wird diese in den nächsten Jahren maßgeblich beschäftigen. Dabei nutzen innovative Institute sich daraus ergebende Chancen zu ihrem Vorteil und positionieren sich entsprechend für die Zukunft. Dabei können sie auf die Erfolge ihrer Digitalen Transformation setzen.
Wir als DPS unterstützen Finanzinstitute sowohl bei der Umsetzung ihrer Digitalen Transformation als auch bei der Umsetzung sämtlicher regulatorischer und strategischer Aktivitäten in Bezug auf Nachhaltigkeit.