Die 7. Novelle der MaRisk – ESG-Vorgaben und mögliche Auswirkungen

Von Sonja Gerling

Die erwartete 7. Novelle der MaRisk im Überblick

Für dieses Jahr ist die 7. Novelle der MaRisk (Mindestanforderungen an das Risikomanagement) der BaFin angekündigt.

Die 6. Novelle wurde am 16. August 2021 veröffentlicht. In den Novellen der MaRisk werden Anpassungen und Neuerungen zu regulatorischen Vorgaben in Bezug auf das Risikomanagement definiert.

Die voraussichtlichen Punkte in der 7. Novelle der MaRisk sind folgende:

  • Übernahme der für die Kreditvergabe und -überwachung in die MaRisk: Vorgaben, die bisher nur für die großen Institute galten, die direkt von der EBA beaufsichtigt werden, werden nun auch für kleine und mittlere Banken und Finanzinstitute relevant.
  • Regulierung von Immobiliengeschäften der Banken: Durch den starken Anstieg von Direktinvestitionen in Immobilien, soll dieses Geschäft in der neuen MaRisk Beachtung finden. Dabei wird sich an den Vorgaben zu Kreditgeschäften orientiert werden.
  • Geschäftsmodellanalyse: Die Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen wird in der MaRisk bisher nicht berücksichtigt. Da die Geschäftsmodellanalyse ein wichtiger Bestandteil der SREP-Methodik (Supervisory Review and Evaluation Process) ist, sollen in diesem Jahr Klarstellungen diesbezüglich vorgenommen werden.
  • Besondere Anforderungen an Spezialfonds-Investments
  • Handel im Homeoffice

 

Übernahme der EBA-Leitlinien in die MaRisk

Besonders spannend ist das Thema der Übernahme der EBA-Leitlinien für die Kreditvergabe und -überwachung. Ein entscheidender Punkt ist die Ermittlung der Kapitaldienstfähigkeit. Hier sind diverse regulatorische Vorgaben gemacht worden, um die von der BaFin überwachte Institute bisher herumgekommen sind. Durch die Aufnahme der EBA-Guidelines in die MaRisk sind auch kleinere Banken von den Vorgaben betroffen. Es werden entsprechende Auswirkungen auf Prozesse und IT-Systeme erwartet.

Völlig neu in den EBA-Guidelines sind die Vorgaben zur Einbeziehung von ESG-Risiken in die Kreditvergabe. ESG steht für Environmental, Social, Governance und betrifft Themen rund um die Nachhaltigkeit. Darunter fallen im Bereich Umwelt mögliche Auswirkungen des Klimawandels ebenso wie gesetzliche Vorgaben zum Schutz der Umwelt. Der Bereich Soziales umfasst Arbeitsrechte, Arbeitsbedingungen und ähnliche Themen. In den Bereich der Unternehmensführung gehören unter anderem Unternehmensethik und Gesetzeskonformität.

 

ESG-Risiken in der Kapitaldienstprüfung von Krediten

Künftig muss bei der Prüfung der Zahlungsfähigkeit des Kreditnehmers auch die Auswirkung von ESG-Risiken berücksichtigt werden. Trägt der Kreditnehmer gesetzeswidrig zum Klimawandel bei, so kann eine entsprechende Haftung entstehen. Des Weiteren können im Laufe der Zeit Anpassungen an CO²-Vorgaben notwendig werden, die sich finanziell auf den Kreditnehmer auswirken. Die Sicherheitenbewertung muss ebenfalls genau unter die Lupe genommen werden. Im Zuge der Klimapolitik könnten Maschinen, Kraftfahrzeuge oder Immobilien plötzliche Wertverluste erleiden.

Galten diese neuen Vorgaben bisher nur für die Institute, die direkt von der EBA beaufsichtigt wurden, wird sich das mit der angepassten MaRisk ändern. Sobald die BaFin die Guidelines der EBA mit aufnimmt, werden die strengeren Vorgaben auch für kleinere Banken und Finanzinstitute relevant.

Grundsätzlich beziehen auch heute schon viele Banken ESG-Risiken in ihre Kreditprüfung mit ein. Darunter fallen zum Beispiel die Themen CO²-Ausstoß oder die Arbeitsbedingungen im vollständigen Herstellungsprozess. Seit 2020 wird dies auch von den UN Principles for Responsible Investment, einem Gremium der Vereinten Nationen, unterstützt und vorangetrieben. Mit der Initiative „ESG in Credit Risk an Ratings“ setzt sich das Gremium für die Integration von Nachhaltigkeitsfaktoren in die Kreditrisikoprüfung ein.

Nichtsdestotrotz führt die Aufnahme von spezifischen, weiteren ESG-Risiken in den Kreditvergabeprozess zu Anpassungen in verschiedenen Bereichen der Banken. Die automatische Berechnung der Kapitaldienstfähigkeit wird betroffen sein. Das bedeutet, die entsprechende Software muss angepasst, erweitert oder hinzugekauft werden. Eine große Frage ist dabei, wo die zugehörigen Daten für die ESG-Risiken herkommen. Es wird nicht erwartet, dass die MaRisk Vorgaben diesbezüglich macht.

 

Wo kommen die Daten für die Bewertung von ESG-Risiken her?

Die Creditreform hat im Rahmen der neuen ESG-Vorgaben eine Umfrage vorgenommen. Im nicht-risikorelevanten Bereich können sich 45 % der befragten Institute vorerst den Einsatz von branchenorientierten ESG-Scores vorstellen. Für den risikorelevanten Bereich ist die Ermittlung weniger simpel. Nur mit unternehmensindividuellen Daten können reelle Berechnungen angestellt werden. Weitere Daten zu physischen Klimarisiken und politischen Klimarisiken sollten hinzugezogen werden. Die Einbindung dieser Risiken bedarf entweder die Einführung einer komplexen Datenerhebung oder den Zukauf externer Daten. Der Vorteil von externen Daten wäre eine Konformität der Bewertungsmethodik unterschiedlicher Institute.

Für die Einbindung der Daten müssen Schnittstellen in der verwendeten Software geschaffen werden. Die nun ermittelbaren ESG-Score benötigen dann eine Parametrisierung, um sie für die Portfoliobewertung der ESG-Risiken verwenden zu können. Die prozessualen und technischen Anpassungen erfordern auch eine Schulung der MitarbeiterInnen im Bereich der Analyse, ebenso wie im Vertrieb.

 

Nachhaltige Positionierung im Markt

Nach der Einführung der ESG-Risiken ergibt sich möglicherweise auch eine Neuausrichtung des Geschäfts. Wird bisher in Branchen gearbeitet, die in der ESG-Risikobewertung insgesamt sehr schlecht abschneiden, kann ein Branchenwechsel die nachhaltige Lösung sein.Die Aufnahme der ESG-Risiken in die Kreditprüfung der Institute wird vermutlich zuerst mit einem nicht zu unterschätzenden Aufwand verbunden sein. Auf lange Sicht ist jedoch eine positive Auswirkung zu erwarten. Voraussichtlich wird die Relevanz des Themas ESG noch zunehmen und unabhängig von den regulatorischen Vorgaben in der Risikobewertung eine wichtige Rolle spielen. Die bewusste, nachhaltigere Positionierung im Markt ist ein zusätzlicher positiver Effekt. Es wird gespannt auf die Veröffentlichung der 7. Novelle gewartet, um die tatsächlichen Auswirkungen vollständig einschätzen zu können.

 

Am 1. März 2023 wurde auf unserem Blog ein weiterer Beitrag zur 7. Novelle der MaRisk veröffentlicht: https://dps.de/news/die-7-marisk-novelle-herausforderung-und-chance-fuer-wirtschaft-und-finanzsektor/

 

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